Überall, wo der Bär lebt, also auf der ganzen nördlichen Erdkugel, galt er als Krafttier. Er war kein gewöhnliches Tier, sondern eine Art "Waldmensch", unter dessen zotteligem Fell sich eine Menschen- oder gar Götterseele verbarg. Er konnte die Gedanken der Menschen verstehen und hatte Heilkräfte. Wer vom Bären träumt oder eine starke Bärenbegegnung hat, der wird kräuterheilkundig und ist zum Heilen mit Pflanzen berufen. Und der Bärenträumer ist der mächtigste unter den Medizinleuten, so die nordamerikanischen Indianer. Die Germanen nannten ihre wirksamsten und besten Heilpflanzen "Bärenkräuter" und schickten ihre Jugendlichen in den Wald, damit sie als "Bärenhäuter" ihr wahres Wesen erfuhren.
Wolf-Dieter Storl, der bekannte Kulturanthropologe und Ethnobotaniker, lebte selbst viele Jahre in Bärenbiotopen in den Rocky Mountains und hatte häufige - gelegentlich dramatische - Begegnungen mit Meister Petz. In diesem Buch zeichnet er die Beziehung zwischen Mensch und Bär auf. Die Reise führt von den Bärenhöhlen der Neandertaler zu den Bärenkulten sibirischer Stämme der Gegenwart, vom Höhlenbären bis zum Teddybär und nicht zuletzt auch in die Bärenstadt Bern, wo der Autor ebenfalls einige Jahre lebte. Wir erfahren von der Bärengöttin Artemis und dem Medizinbären der indianischen Schamanen und finden zahlreiche Bärenmärchen und -geschichten aus aller Welt. Das Jahr 2005 wurde vom deutschen Naturschutzbund zum "Jahr des Bären" erklärt.